Ein verqueres Verhältnis zur Natur
Oft ist unser Sprachgebrauch verräterisch.
Wir reden zum Beispiel von „Umwelt“ und „Umweltschutz“ und tun so, als sei das gut und fortschrittlich. Die Begriffe aber zeigen, dass WIR uns im Mittelpunkt von allem sehen, nach wie vor, und die Welt, die Natur, die Tiere und Pflanzen haben sich um uns herum zu ordnen, sie haben dienende Funktion. Was für eine - eigentlich völlig unzeitgemäße - anthropozentrische Haltung!
Der Mensch zerstört, was er liebt.
Immer wieder erlebe ich, dass Menschen aus der Großstadt in unsere Region ziehen. Endlich aufs Land, ins Grüne!
Aber wehe, wenn der Misthaufen des Bauern nebenan stinkt oder der Hahn zu laut kräht! Da hört die Landliebe schon wieder auf, ehe sie wirklich angefangen hat.
Und dann führt man seine Hunde spazieren, am liebsten ohne Leine in die Feldmark, von der wenig genug übrig ist nach all den Neubauten und der zügellosen Dorfer-weiterung. Keine Ahnung von oder aber sogar Ignoranz gegenüber Bodenbrütern, Feldhasen und Kitzen.
Noch ein paar Worte zur Jagd.
Durch meine Familie väterlicherseits bin ich von klein auf in einer traditionellen Jagdkultur verwurzelt.
Mir ist natürlich klar, dass aus verschiedensten Gründen Wildtiere erlegt werden müssen, etwa schwache, kranke Tiere, sich rasant vermehrende Wildschweine, die enorme Schäden anrichten und Schweinegrippe übertragen können. Auch Schutz der Wälder vor zu starken Wildverbiss ist heute natürlich besonders notwendig.
Aber wenn ich hier vor Ort die sogenannte Jagd beobachte, schaudert es mich. Da stürmt z.B. eine große Gruppe von Treibern über ein völlig kahles Feld in der Marsch und macht "Jagd" auf einen einsamen panischen Hasen! Was für eine Heldentat. Das wenige vorhandene "Wild" findet hier kaum noch Verstecke und Rückzugsgebiete, die wenigen Waldflächen verdienen angesichts ihrer Quadratmeterzahl kaum diese Bezeichnung. Auch Knicks gibt es immer weniger. Es müsste viel mehr aufgeforstet werden, Mischwald mit tiefwurzelnden, trockenheitsresistenten Bäumen.
Heute bauen wir für Kleinfamilien Häuser, deren Garagen fast so groß sind, wie in der Nachkriegszeit die Siedlungshäuser der Flüchtlinge.
Wir lieben Städte und Dörfer, die sich in ihrer Architektur treu geblieben sind, mit dem entsprechenden regionalen Stil, angepasster Gebäudegröße usw. Wir fühlen uns angezogen von der daraus entstehenden Harmonie und wohl auch einer gewissen Romantik. Dennoch sind Siedlungen, die entsprechende Bauvorschriften erlassen, eher die Ausnahme. In unseren Dörfer wuchert die Architektur, wie es den Bauherren einfällt.
So sind es längst keine Dörfer mehr, sondern gesichtslose, beliebig austauschbare Siedlungen mit einzelnen wenigen "Vorzeigehäusern" aus vergangenen Epochen, die nunmehr verloren in der Gegend stehen...
Mir geht es nicht um Nostalgie oder irgendeine Form von Heimattümelei. Aber es ist für mich eine Frage der Wertschätzung regionaler Traditionen, die ja einmal aus guten Gründen entstanden sind. Die Gebäude fügten sich optisch harmonisch in ihre Land-schaft ein, weil sie mit ortstypischen Materialien, die vor der Haustür vorhanden waren, gebaut wurden. Holz und Lehm für Fachwerk, Schindeldächer, rote Ziegel, Reetdächer, Kalkputz usw., je nach Landstrich. Es geht nicht darauf, die Asche der Tradition zu bewahren, sondern die Flamme weiterzugeben. Hierfür muss es doch zeitgemäße und zugleich angemessene Lösungen geben.
Einer der Gründe, warum wir unsere Gebäude für Besucher öffnen, ist, dass Menschen eine Ahnung davon bekommen, wie man früher gelebt hat und wie man auch heute in solchen Häusern gut leben kann. Es steckt viel Weisheit und tradiertes Wissen in sol-cher Architektur. Wir geben hierüber gern Auskunft und freuen uns über jeden, der sich mit Respekt und Sachverstand eines alten Gebäudes annimmt, statt es abzureißen und in der nun entstandene "Baulücke" vier neue "zeitgemäße" Gebäude zu stellen.